I. Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1998 von der Fakultät für Philosophie, Wissenschaftstheorie und Statistik der Ludwig-Maximilians-Universität München als Inauguraldissertation angenommen. Eine ursprünglich ins Auge gefasste Ausarbeitung zu einer vollständigen Biographie hat sich aufgrund meiner ausseruniversitären Berufstätigkeit bisher nicht realisieren lassen. Die Vorlage einer umfassenden Gerlich-Biographie bleibt somit eine „Bringschuld“, die ich gegenüber allen, die zu dieser Studie beigetragen haben, vor allem aber auch gegenüber ihrem Gegenstand als schmerzlich empfinde.

schaefer dissert gerlichMichael Schäfer: Dissertation über Fritz GerlichWie jeder andere, der das Promotionsverfahren durchlaufen hat, habe ich Dank abzustatten. Zunächst und vor allem meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Maier, der diese Arbeit betreut und durch beständige Ermutigung gefördert hat. Die Jahre als Assistent am Guardini-Lehrstuhl und Mitarbeiter im Forschungsprojekt „Totalitarismus und Politische Religionen“ waren wissenschaftlich wie menschlich wertvoll. Herrn Prof. Dr. Horst Möller danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens.

Mein Dank gilt auch den Mitarbeitern des Bundesarchivs Koblenz, des Bundesarchiv-Militärarchivs Freiburg, des Bayerischen Hautpstaatsarchivs, des Staatsarchivs München, des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs Köln, des Instituts für Zeitgeschichte München und der Bayerischen Staatsbibliothek München, die mich bei meinen Recherchen umsichtig betreut haben.

Frau Sophie Steiner, München, stand nicht nur als Zeitzeugin für Auskünfte zur Verfügung, sie hat mir auch großzügig die Arbeit mit Materialien aus dem Nachlaß Ihres Mannes gestattet.

Mein ganz besonderer Dank gilt Dr. Max Hoefter, Pfäffikon/Bad Tölz. Sein Engagement und seine akribische Recherche haben der Forschung den Nachlaß von Fritz Gerlich gesichert, den er mir in jeder Hinsicht generös zur Verfügung gestellt hat. Ohne seine Unterstützung und ansteckende Begeisterung für die Sache wäre diese Arbeit nicht entstanden.

Den Beitrag meiner Familie und vor allem meiner Frau Stephanie durch ein einfaches Dankeschön abgelten zu wollen, wäre unverzeihlich.

Dr. Michael Schäfer


II. Herkunft und beruflicher Werdegang

1. Elternhaus, Schule, Studium

Die Familienverhältnisse des am 15. Februar 1883 in Stettin geborenen Karl Albert Fritz Gerlich lassen sich aus dem zur Verfügung stehenden Quellenmaterial nur überblicksartig rekonstruieren. Der Großvater väterlicherseits, Friedrich Johann Gerlich, Hautboist, wurde nach seiner Entlassung aus dem Militärdient aufgrund Invalidität im Jahre 1851 zunächst als Grenzaufseher in Pommern versorgt, um dann eine Anstellung als As-sistent im Königlichen Hauptsteueramt zu Stettin zu finden. Sein Sohn, Friedrich Adolph Paul Gerlich, absolvierte eine Ausbildung als Handlungs-Buchhalter und übernahm die Stettiner Filiale einer Hamburgischen Speditionsfirma, die er zu einer Fischgroßhandlung ausbaute. Aus der Ehe mit Therese Scholwin gingen vier Söhne hervor, von denen einer kurz nach der Geburt verstarb, ein weiterer 1918 als Leutnant der Reserve kurz vor Kriegsende in Frankreich fiel. Zu seinem verbliebenen, jüngeren Bruder Hans, der als Bankangestellter in Berlin lebte, unterhielt Fritz Gerlich eine stetige Verbindung, wenn auch gegenseitige Besuche selten gewesen zu sein scheinen...

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III. Der erste Weltkrieg

Um die politische Rolle und die publizistisch vertretene Position Fritz Gerlichs innerhalb des politischen Lebens im München der Kriegsjahre 1914-1918 verstehen zu können, bedarf es einiger vorausgehender Überlegungen und Untersuchungen über Entwicklung und Struktur des politischen Umfeldes, in dem er sich dabei bewegte. Für die Gerlich-Literatur gilt eine Entwicklung der politischen Anschauungen als gesicherte Erkenntnis, für die folgender Satz typisch ist: »Gerlich [...] stand politisch zunächst bei den Jungliberalen in der Nationalliberalen Partei, während des Ersten Weltkrieges hing er der alldeutschen Richtung an und kehrte in der Weimarer Zeit zu den Nationalliberalen zurück« . Eine solche Formulierung insinuiert Diskontinuitäten und Positionswechsel, die an der Wirklichkeit vorbeigehen. Die Lösung entsprechender Fragen ergibt sich aus einer Betrachtung der politischen und publizistischen Aktivitäten Gerlichs während des Weltkrieges von selbst...

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IV. Die Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus

1. Das Kriegsende und die Münchner Räterepublik

a) Die Beamtenschaft als demokratischer ›Kampffaktor‹

Die bayerische Revolution vom 7./8. November 1918 war das - von wachen Köpfen lange vorausgesehene - Ende aller alldeutschen Träume. Fritz Gerlich hat auf diese einschneidende Erfahrung mit der Entfaltung beinahe hektisch anmutender Aktivitäten reagiert. Noch im November 1918 war er an der Gründung des ›Landesverbandes der Beamten bayerischer Anstalten für Wissenschaft und Kunst‹ (BeWiKu) beteiligt. Der Landesverband hatte zunächst 600 Mitglieder und verstand sich als Standesorganisation auf gewerkschaftlicher Grundlage und ließ sich, wie dies in den chaotischen Revolutionstagen keine Ausnahme darstellte, in einer Audienz von Eisner persönlich die Anerkennung aussprechen. Aufgabe des Verbandes war nach der vorläufigen Satzung, die »Wahrung und Förderung der beruflichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten der Mitglieder und die ständige Vertretung bei besonderen Anlässen«. Der Landesverband war Teil des ›Bayerischen Beamten- und Lehrerbundes‹, eines am 19. Oktober 1917 gegründeten Zusammenschlusses der verschiedenen Beamtenorganisationen Bayerns.

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V. Hauptschriftleiter der "Münchner neuesten Nachrichten"

1. Politisches Engagement in der jungen Republik

a) Bürgerrat und DDP

Die Tätigkeit für den Heimatdienst Bayern hatte Gerlich in Kontakt mit führenden Vertretern der bayerischen Wirtschaft gebracht. Seine programmatischen Artikel im ›Feurio‹ und der dahinter stehende klarkrasse Antibolschewismus dürften ihm deren Sympathien gesichert haben. Als sich im Gefolge des räterepublikanischen Experiments die Notwendigkeit ergab, über die Parteigrenzen hinweg das Bürgertum zu aktivieren, wurden in Bayern - wie in ganz Deutschland - Bürgerräte ins Leben gerufen, die in der ersten Phase der Revolution den Zusammenschluß des »ganzen führerlosen Mittelstandes« anstrebten, um dessen Interessen wahren zu können. Der Bürgerrat München konstituierte sich am 13.11.1918 . Den Vorsitz hatte der Rechtsanwalt Rudolf Meyer-Absberg, zum Vorstand gehörte neben dem Kommerzienrat Eugen Zentz, einer schillernden Figur , auch Fritz Gerlich, der, im Gegensatz zu Zentz, Gründungsmitglied war . Die Arbeit des Münchner Bür-gerrates war von Beginn an gegen die Bolschewisten gerichtet, er rief dazu auf »der Geschlossenheit der Bolschewiki die Geschlossenheit des Bürgertums entge-genzusetzen« und schreckte dabei vor der Ankündigung eines ›Bürgerstreiks‹ als Kampfmittel nicht zurück. Im Gegensatz zu anderen Ortsgruppen der Bewegung war der Münchener Bürgerrat fest in das rechte politische Lager eingebunden.

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VI. Der »Gerade Weg«

1. Der Einsatz für Konnersreuth

Der Fall der Therese Neumann von Konnersreuth bewegte seit Bekanntwerden ihrer Stigmatisierung in zunehmendem Maße die Öffentlichkeit in Bayern und bald auch weit darüber hinaus. Die Ereignisse in dem Dorf in der Oberpfalz trugen alle Merkmale, die sich für eine sensationslustige Berichterstattung anboten. Nicht nur die Stigmen, die Therese Neumann selbst im ›Normalzustand‹ an Händen und Füßen trug, auch die Nahrungslosigkeit und die ekstatischen Schauungen der Passion Christi, bei denen sie am Kopf, an der Schulter, aus den Augen und aus den Wundmalen blutete, waren Phänomene, die zu einer polarisierten Diskussion in den Medien einluden. Auch die Münchner Neuesten Nachrichten ver-schlossen sich einer Berichterstattung nicht. Im Juli begab sich der Redakteur Er-wein von Aretin, selbst gläubiger Katholik, nach Konnersreuth und berichtete in der Beilage ›Die Einkehr‹ der Zeitung vom 3.8.1927 ausführlich über seine Erleb-nisse . Gerlich, gerade erst von einem längeren Kuraufenthalt nach seinem Zusammenbruch zurückgekehrt und in die Vorbereitung der Aretinschen Veröffentlichung nur am Rande involviert , beschloß der Angelegenheit, der er aufgrund seiner religiösen Herkunft wohl recht skeptisch gegenüberstand, selbst auf den Grund zu gehen.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Schlussbetrachtung

»Wer ist Gerlich?« war die Ausgangsfrage der Studie gewesen. Für den Herausgeber des ›Geraden Weges‹, den aus der heutigen Perspektive oft prophetisch wirkenden Widerstandskämpfer gegen den heraufziehenden Nationalsozialismus, ist diese Frage durch die gute Überlieferungslage seit langem recht gut beantwortet. Die vorliegende Untersuchung hat nicht alle Lebensabschnitte des vor 1930 lebenden und politisch und publizistisch wirkenden Stettiners in ähnlich klarer Weise darstellen können. Zu dürftig ist für manche Zeiträume die Quellenlage. Die kreisende, das Umfeld ausleuchtende Beschreibung hat in diesen Fällen dennoch einige Erkenntnisse zu Tage fördern können.

Bereits die ersten schriftlichen Zeugnisse zeigen Gerlich als einen politisch denkenden Kopf, der sich in seinem Umfeld, dem studentischen Linksliberalismus des ausgehenden Königreichs Bayern, eine Stellung als scharfer Kritiker der Unausgewogenheiten des deutschen Bildungssystems, insbesondere des studenti-schen Lebens erwirbt. Die nationalsoziale Grundausrichtung hat ihren Schwer-punkt zunächst auf der sozialen Komponente, während das nationale Element erst vor dem oder im Ersten Weltkrieg – diese Frage ist nicht zu klären – offen zutage tritt. Der unbestreitbar begabte junge Mann aus Stettin hat eine rasche Auffas-sungsgabe und einen ausgesprochenen Hang zur spitzzüngigen Polemik, was ihm nicht nur Freunde macht, ihn im Gegenteil in den Augen vieler Mitmenschen und Kollegen als typischen Aufsteiger erscheinen läßt. Die – über den beliebten Umweg des Archivs – angestrebte Universitätskarriere bleibt ihm verschlossen. Der Erste Weltkrieg sieht ihn als Eiferer hinter der Front. Als Mitglied des Alldeutschen Verbandes, der in München über mehr schlecht als recht getarnte Filialunternehmen seit dem zweiten Kriegsjahr planmäßig den Sturz des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg betreibt, entwickelt er eine Haßliebe zu England und propagiert den uneingeschränkten U-Bootkrieg. In den verschiedenen alldeutschen Zirkeln gehört er – wohl aufgrund seiner Jugend und nur mäßigen gesellschaftlichen Stellung – nicht zur ersten ›Garde‹. Der Ausbruch aus dieser Rolle gelingt ihm durch den Einstieg in die Publizistik. In den ›Süddeutschen Monatsheften‹ Paul Nikolaus Cossmanns und den Historisch-Politischen Blättern für das katholische Deutschland, deren Seiten ihm sein Vorgesetzter im Archiv öffnet, kann er erste Kostproben seiner journalistischen Begabung geben. Über eine solche verfügt er – entgegen dem Urteil späterer Kritiker aus dem Zeitungsmilieu – durchaus, wenn sie ihn vielleicht auch mehr für die Wochenzeitschrift denn die Tageszeitung prädestinierte. Das Projekt einer eigenen Zeitschrift, der ›Wirklichkeit‹ von 1917, scheitert weniger an einem kriegstreiberischen Radikalismus als vielmehr an den Umständen, die die Einschaltung des etwas dubiosen Grafen Bothmer als Herausgeber erforderlich machen. Auch die Kriegszeit mit ihrer Verschärfung des außenpolitischen Programms kann die soziale und vor allem die demokratische Seite seines politischen Credos nicht verdrängen.

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